Station 10
Kirche St. Martin
Während des 30jährigen Krieges war die damalige Kirche sehr baufällig geworden. 1647 mussten die Taufen in der Nikolai-Kirche zu Bodenwerder stattfinden. 1736 war der Zustand der Kirche so schlecht, dass während eines Nachmittagsgottesdienstes als die Orgel einsetzte, der südliche Teil der Kirche einstürzte. Der Gottesdienst wurde erst 6 Wochen auf dem Rathaus und dann bis 1746 in einem leeren Schafstall des Jagdjunkers v. Koch abgehalten. Herr von Koch wohnte zu dieser Zeit in dem Haus Nr. ass 1, jetzt Steinweg 1.
1738 erfolgte der Abbruch der alten Kirche. Die Baukosten erfolgten durch den Kassenvorrat der Kirche mit 977 Taler. Dieses Geld reichte nicht zur Fertigstellung der Kirche. Erst 1743, nachdem der Bau 4 Jahre geruht hatte, ging es durch einen unverzinslichen Kredit aus der Klosterkasse mit 1264 Talern weiter. Es folgten freiwillige Gaben von 664 Talern, nochmals aus der Klosterkasse 838 Taler, Zusammen 3743 Taler. Zusätzlich erfolgten freiwillige Hand- und Spanndienste, die einen Wert von 1687 Talern hatten. Der Bischof von Hildesheim (katholisch!), der zu dieser Zeit noch Patron der Kirche war, bewilligte einen Zuschuss von 500 Talern. Der allerdings, weil er als zu gering angesehen wurde, auf Ablehnung stieß. Die Einweihung dieser neuen Kirche war am 29.05.1746 zu Pfingsten.
Inneres der Kirche vor 1907
Die Kirche wird nach dem Corpus bonorum von 1751 wie folgt beschrieben: Das westliche Portal der Kirche ist von Peter Schopmeyer gestiftet. Dafür erhielten er und seine Frau auf Lebenszeit einen festen Sitz in der Kirche. An der Süd- und Nordseite befindet sich je ein weiterer Eingang. Peter Schopmeyer oder Schoppmeyer wohnte in dem Haus in der Stadtbergstraße 6, damals Nr. ass 60.
Bis 1765 lag um die Kirche herum der Friedhof, umgeben mit einer Mauer und fünf Eingängen.
Freyenhagensche Grabepitaphe in der Kirche vor 1907
In der Kirche befinden sich neben dem Altar an der Ostseite zwei Epitaphien der Familie Freyenhagen (jetzt zu beiden Seiten des Altars). Das ältere Epitaph ist Heinrich Julius Freyenhagen und seiner Gattin Auguste Ottilie zu Lippe-Brake gewidmet, das jüngere August Philipp Freyenhagen und seiner Ehefrau Charlotte Louise (von) Bonhorst. Oberamtmänner aus der Familie Freyenhagen verwalteten fast 100 Jahre lang das Amt Wickensen:
- 1707 – 1744 Heinrich Julius Freyenhagen
- 1744 – 1762 August Philipp Freyenhagen
- 1762 – 1770 Die Witwe Charlotte Freyenhagen hatte die Domäne in Pacht, die Amtsgeschäfte leitete ein Justitiarius
- 1770 – 1805 August Wilhelm Freyenhagen (ab 8.3.1782 Drost von Rosenstern, geadelt von Kaiser Josef II.)
Der letzte Nachkomme der Familie Freyenhagen von Rosenstern, der noch in Eschershausen lebte, war Carl Friedrich Konrad von Rosenstern, Bürgermeister in Eschershausen von 1828 bis 1853 und er erreichte es, dass Eschershausen am 24.04.1833 mit den Landstädten des Herzogtums Braunschweig gleichgestellt wurde. Ab diesem Tage war Eschershausen eine Stadt!
Der Rokoko-Obelisk am Rand des neu gestalteten Kirchenumfelds stand ursprünglich auf dem Friedhof am Stadtberg. Der aus Hilssandstein gefertigte Obelisk ist der Grabstein der Charlotte Louise Freyenhagen, die 1770 starb. Es erfolgte die Versetzung des Obelisken zum Friedhof an die Scharfoldendorfer Straße. Anlässlich der Freyenhagenschen Familientage im Jahr 1960 wird die Tafel eingelassen „In Memoriam Friedrich Freyenhagen von Rosenstern, Pastor (geb. 1865, gest. 1957) aus dem Hause Wickensen“. Er war der Initiator der Freyenhagenschen Familientage. Jetzt befindet sich der Obelisk auf dem Gelände des ehemaligen Friedhofes neben der Kirche.
Wilhelm Raabe (geb. 08.09.1831 Eschershausen, gest. 15.11.1910 Braunschweig) wurde 18 Tage nach seiner Geburt getauft. Familienangehörige haben berichtet, dass es sich schon bei der Taufe zeigte, dass der Täufling einmal berühmt werden würde. Die Hebamme stieß den Kopf des kleinen Wilhelm behutsam an eine Kirchensäule und erklärte: „Nun wird er ein berühmter Mann!“ (Siehe auch Wilhelm-Raabe-Kalender 1913, S. 84)